Ausstellung „Wunder des Lebens“  (28.04.2018 – 13.05.2018)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Künstlerinnen und Künstler, liebe Kunstbegeisterte

Es freut mich sehr, dass ich heute diese Ausstellung mit dem Titel «Wunder des Lebens» mit einigen Worten eröffnen darf.

Nachdem ich vor fast 4 Jahren hier im Kabinett der Visionäre ein Praktikum absolviert habe und dabei eine Ausstellung co-kuratieren durfte, studiere ich derzeit Kunstgeschichte im Master mit einem Schwerpunkt in Curatorial Studies und Museology an der Universität Bern.
Umso mehr freut es mich, wieder in diesen Räumen zu sein.

Das Kabinett der Visionäre nimmt für diesen Anlass die Rolle des Gastgebers ein, indem es eine Plattform für die erste mobile Ausstellung der vielfaeltig–Produzentengalerie schafft.
Denn, die Produzentengalerie – mit Kerstin Heinze-Grohmann als ihre Initiantin – zeichnet sich durch ihre Mobilität aus. Ohne eine eigene Galerie mit festem Standort zu haben, ist es ihr Ziel, möglichst viele verschiedene Räume zu entdecken und zu bespielen.
Dieser Vielfältigkeitsanspruch wird hier also sehr deutlich, zeichnet sich aber auch in anderen Bereichen aus:

«‘vielfaeltig’ steht für innovative unabhängige Kunst.
‘vielfaeltig’ möchte dem üblichen Programm der Kunstüberhitzung und der Personenkultur mit eigener Haltung gegenüberstehen.» – wie dies die Produzentengalerie selbst schreibt.

Mit diesem Konzept und diesen Idealen scheint das Kabinett der Visionäre als Ausstellungsraum für diese erste Ausstellung förmlich prädestiniert zu sein.
Das Kabinett der Visionäre setzt sich nämlich seit 6 Jahren dafür ein, dass diese Räumlichkeiten zur Bühne für Kunst- und Kulturschaffende werden, auf welcher jede und jeder willkommen ist.

Nun aber zur Ausstellung «Wunder des Lebens»:
Ausgewählt wurden fünf Künstlerinnen, die ihre Arbeiten hier zeigen.
Dies sind: Elsbeth Gyger, Brigitte Iseli Neustäbler, Jacqueline Borner, Jsabella Portmann und Kerstin Heinze-Grohmann.
Im Folgenden werde ich die Künstlerinnen und ihre Werke kurz vorstellen.

Die Tuschearbeiten von der in Thun geborenen und in Basel lebenden Elsbeth Gyger zeugen von einer ergreifenden Reduktion, Abstraktion und Leichtigkeit. In der hier gezeigten Arbeit «Seme nel Vento» werden abstrakte Samen im Wind verweht und deuten auf neues Leben hin.
Der Bezug zum Thema der Ausstellung «Wunder des Lebens» wird in filigraner Weise aufgegriffen und lässt den Betrachter bewundernd teilhaben und gedanklich vom Wind wegreiben.
Gygers Interesse an der japanischen Kunst und Kultur hat sie zum Studium der japanischen Ästhetik, Sprache und Literatur bewogen und auch physisch nach Japan gebracht.
Geprägt durch diese Faszination ergeben sich auch in ihren Werken immer wieder Referenzen zur traditionellen japanischen Kunst, die durch Grafik, Tusche, Kalligrafie, fliessenden Bewegungen und dem Einbezug von «leeren» Flächen geprägt ist.

Zart und filigran sind auch die Werke Künstlerin Jacqueline Borner. In ihrem Schaffen nimmt die Libelle eine zentrale Rolle ein, deren Fragilität und Leichtigkeit, gleichzeitig aber auch deren Dynamik und Stärke in ihren Werken zum Ausdruck kommt. Oft sind fragmentarisch Teile der Flügel oder abstrakte Interpretationen davon auszumachen, die sich mit dem Betrachter vernetzen.
Der Flügelschlag der Libelle wird zum Augenblick und Atemzug des Lebens.

Mit dem nächsten Werk, wechseln auch das Medium und die Technik.
Brigitte Iseli Neustäbler hat sich dem Holzschnitt verschrieben.
Die hier gezeigten Arbeiten sind Impressionen aus Island, wo Neustäbler im Jahr 2016 «Artist in Residence» war. In ihre Holzschnitte und Skulpturen arbeitete sie in geschickter Weise gefundene Dinge mit ein. So zum Beispiel kreiert sie eine Verbindung eines Holzschnittes mit einer gefundenen Zeitungsseite aus dem Jahr 1945. Weitere wunderbare Eindrücke und Beispiele von Arbeiten aus Island können Sie im Ausstellungskatalog entdecken.

Mit den Wundern des Lebens beschäftigt sich auch die in Chur aufgewachsene Jsabella Portmann. In ihrem Schaffen setzt sie sich insbesondere mit dem Menschen, dem Einfluss des Lebens auf den Menschen, auf seine Psyche und auf die Gesellschaft im globalen Sinn auseinander. Sie stellt sich Fragen über das Sein des Menschen und den Sinn des Lebens. Dabei verarbeitet sie sowohl aktuelle Themen wie auch solche, die die Menschheit seit Jahrhunderten beschäftigen.
Ihre Gemälde und Skulpturen sprechen eine ganz eigene Sprache und ermöglichen einen Blick in die menschliche Seele.

So wie das Kabinett der Visionäre eine Bühne für diese Ausstellung darstellt, schafft Kerstin Heinze-Grohmann in ihren Arbeiten eine Bühnensituation, welche oftmals durch «Fragmente der Fadengrafik», wie sie es nennt, eingerahmt wird. Seit 2013 arbeitet sie in der einzigartigen Kombination von comichaften figürlichen Darstellungen und abstrakten Fadenkonstruktionen. In ihrer unverwechselbaren Formensprache schafft Heinze-Grohmann sehr komplexe Szenen, die von Ambivalenzen und einer nachdenklichen Lebendigkeit geprägt sind.
Lassen Sie sich von der auf den ersten Blick scheinbar eindeutigen Szene nicht täuschen. Schauen Sie genau hin, denn dahinter verbirgt sich noch so Einiges.

Bevor ich Sie nun tatsächlich schauen lasse, möchte ich einen kleinen Vorgeschmack auf die weiteren Tätigkeiten der vielfaeltig – Produzentengalerie als mobiles Projekt geben:
Dieses Jahr wird ein «Festival der Karten» stattfinden, welches nächstes Jahr mit einer Ausstellung in Wien enden wird. Eine weitere Ausstellung im Jahr 2019 ist in Deutschland geplant, und auch in der Schweiz ist ein Projekt in Planung, nämlich eine Weihnachtsausstellung in Zürich Ende dieses Jahres.

So, und nun lasse ich Sie wirklich schauen und wünsche Ihnen viel Spass beim Entdecken, Geniessen und bei anregenden Gesprächen mit den Künstlerinnen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Seraina Peer, Kunsthistorikerin

(alle Angaben auf der Seite sind mit Einwilligung der Kunsthistorikerin vorgenommen worden)