Ausstellung „Faszination Land“ (15.12.-22-12-2018)

 

In der Ausstellung sind Werke aus dem jüngsten Schaffen von zehn Künstlerinnen und Künstlern zu sehen. Eine offene Umgangsweise mit dem Begriff „Land“ zeichnet die Ausstellung ebenso aus wie die Vielfalt an Medien und Techniken, die hier vertreten sind. In der Begegnung von zehn so unterschiedlich arbeitenden Künstler*innen zeigt sich der Eigenwert jedes einzelnen Werkes. Ganz im Sinne der „vielfaeltig“ Produzentengalerie, der Initiatorin der Ausstellung, wird Raum für Identität, Verbindungen und Verbundenheit geschaffen. Ziel der Produzentengalerie ist es, dem üblichen Programm der Kunstüberhitzung und dem Personenkult mit eigener Haltung gegenüberzustehen. Die gemeinschaftlich organisierten Künstler*innen realisieren pro Jahr bis zu drei feststehende Projekte in Form von Ausstellungen oder Messeauftritten mit zeitgenössischer Kunst. Die Galerie hat dabei keinen festen Standort.

Ich stelle im Folgenden nun gerne die Werke der einzelnen Künstler*innen vor:

Sybille Laubscher setzt sich in ihrer Malerei in Öl auf Leinwand mit gekonntem Pinselstrich mit der Berglandschaft des Safientals auseinander. Als künstlerischen Schwerpunkt setzt Laubscher neben der Bewegung das Licht, dessen unterschiedlichste Facetten sie hier auf der Leinwand zusammenführt. Sie versteht es zudem, die weichen Formen der Hügel und Wolken mit den scharfen Kanten der Gipfel zu kontrastieren und das Spiel des Lichts so spannungsvoll in Szene zu setzen.

Kerstin Heinze-Grohmanns hier zu sehendes Häkelwerk wurde aus recycelten und in Streifen geschnittenen Plastiksäcken geschaffen. Es kann somit zum einen als Upcycling Projekt verstanden und zum anderen an der Schnittstelle von Kultur, Natur und Zivilisation verortet werden. In der Technik besteht auch eine Verbindung zu Heinze-Grohmanns malerischem Werk, dessen figürliche Innenwelt sie mit Fadengrafik rahmt. Mit ihren
Grenzüberschreitungen in Bezug auf den Umgang mit künstlerischen Medien eröffnet die Künstlerin visuelles Neuland.

Die körnige Struktur der auf Baumwolle gedruckten und mit farbigem Wollfaden bestickten Fotografien der Künstlerin Shaun Dziedzic zeichnet eine auratische Präsenz aus. Die einzelnen überstickten Sitzgelegenheiten in der Stadt- und Strandlandschaft werden durch die geordnete Struktur der Fäden vom Rest des Bildes abgehoben und sind gleichzeitig durch die Farbwahl und Einarbeitung des Fadens fest darin verwoben. Die Künstlerin lässt den Betrachter unterschiedliche Ebenen des Bildraums erkennen und verweist auf die Vielschichtigkeit der zu sehenden Landschaften.

Der Künstler Marcel Bernet, der seit 2009 skulpturale Werke schafft, bringt seine Werke aus einem Stamm am Stück mit einer Motorsäge hervor. Die so in einer Synthese von Handarbeit und maschinellem Werkzeug geschaffenen Skulpturen arbeitet er mit Farbakzenten aus. Die als Teil des Werkes fungierenden Sockel überhöhen die mit ihnen verbundenen, stehenden Figuren. Die Figuren überblicken frei den sie umgebenden Raum oder auch das Land. Es handelt sich um personifizierte Momente und in eine Handlung übersetzte Gegenstände, die wiederum in skulpturaler Form festgehalten sind.

Vor einem ausdrucksstarken blauen Hintergrund ragt vom unteren Bildrand aus die Spitze eines Berges auf, die durch schwarze Konturen und Schattierungen ausgearbeitet ist. Die Leuchtkraft der blauen Fläche wird durch ihr Durchscheinen in der Bergspitze verstärkt. Der Künstlerin Veronika Übersax, die in Chur lebt und arbeitet und gelernte Farbdesignerin ist, gelingt mit dem in Acryl ausgeführten Werk eine Darstellung der Monumentalität der Berglandschaft in Farbe.

Die Überschichtung und Überlagerung des Naturlandes in Mariann Blasers Werk entziehen es dem Betrachter einerseits und machen es ihm andererseits auf neue Weise erfahrbar. Die weissen und teilweise beigebräunlichen Schichtungen erinnern an Schnee und Eis, bilden aber durch die sichtbaren Spuren ihres Auf- und Abtrags ein zusätzliches Layer und fungieren als eigenständige Bildebene. Die Zerkratzungen der weissen Überlagerungen bilden einen Konterpunkt zur feinen Qualität der Digitaldrucke auf Glas, die sich als Technik in die jahrelange Erprobung Blasers der druckgrafischen Kunst einreihen.

Esther Tschudin zeigt in ihren Arbeiten ein Stück Naturland. Tiere und Pflanzen aus Draht und Papier sind auf einem unebenen Holzstück im einen Werk verdichtet und im anderen Werk mit viel Zwischenraum angebracht. Tschudin übersetzt die Naturlandschaft, die in Garten Eden paradiesisch gedeutet ist, in eine dreidimensionale Collage, welche die Charakteristiken dieses Stück Landes für den Betrachter auf präzise Weise erkennbar macht.

Alexandra Carp ordnet in ihren Werken Form und Farbe zu biomorphen Gebilden an. Die fliessende Linienführung ist dabei ein wichtiges Gestaltungselement ihrer Malerei, die sie auf Leinwand ausführt. Die geschickte Anordnung von Farb- und Formfeldern trägt dazu bei, dass die dabei entstehenden Figuren an gewissen Stellen von einer Tiefenwirkung geprägt sind, welche sie skulptural erscheinen lässt. Die Künstlerin zeigt auf diese Weise die Leinwand als Formenland.

Katharina Guggenbühls Fotografien unter dem Titel Land in Sicht sind von einer berauschenden Dynamik der Verwischung geprägt, welche die feinen Linien und Verstrebungen der Schiffsmasten und die statische, die Küste säumende Architektur mit Wucht erscheinen lässt. Die mit extremer Untersicht fragmentarisch aufgenommenen Masten ziehen sich als konstruktivistisches Netz über die Bildfläche, während die Küstenarchitektur aufkommt wie im Flug.

Verena Bühler faltet in ihren Skulpturen Alabaster zu Leichtigkeit und Fragilität. Die Künstlerin erweitert seit den 1980er Jahren stetig ihre Fähigkeiten im Bereich der Bildhauerkunst und löst hier den scheinbaren Widerspruch zwischen dem Material und seiner Form auf. Die natürliche Maserung des Alabasters verleiht dem Werk zusätzliche Raffinesse und trägt zur faszinierenden Wirkung dieses Faltenlandes bei.

Ein zusätzlicher Platz kommt in der Ausstellung dem Projekt Festival der Karten zu. Für das von Kerstin Heinze-Grohmann in diesem Jahr initiierte Projekt haben Künstler*innen ihr je zwei von ihnen gestaltete Postkarten mit einer Nachricht zukommen lassen, von denen sie eine an die teilnehmenden Künstler*innen weitergeschickt hat. Die andere ist hier in der Ausstellung zu sehen. Zum Projekt gibt es einen Katalog und es wird nächstes Jahr erneut ausgestellt werden.

Annina Pandiani