Ausstellung „Vom Zeichnstift bis zur Nadelspitze“  ( 09.03. – 20.04.2019)

 

Herzlich willkommen zur Vernissage, ich freue mich sehr, heute hier sein und in die Ausstellung Vom Zeichenstift bis zur Nadelspitze einführen zu dürfen.

In der Ausstellung sind Werke aus dem jüngsten Schaffen von neun Künstlerinnen zu sehen. Die Künstlerinnen beziehen sich mit ihren Werken sowohl implizit wie auch explizit auf das Thema Wahlfreiheiten, unter dem diese Ausstellung entstanden ist. Im Konglomerat ihrer Werke zeigt sich, eben vom Zeichenstift bis zur Nadelspitze, ihre Wahlfreiheit in Bezug auf das von ihnen gewählte künstlerische Medium sowie den Umgang damit. Initiatorin der Ausstellung ist die „vielfaeltig-Produzentengalerie“, in deren Sinn es liegt, Raum für Identität, Verbindungen und Verbundenheit zu schaffen. Die Produzentengalerie hat keinen festen Standort und darf im Rahmen dieser Ausstellung Gast in der Galerie Obertor sein. Ziel der Produzentengalerie ist es, dem üblichen Programm der Kunstüberhitzung und dem Personenkult mit eigener Haltung gegenüberzustehen. Die gemeinschaftlich organisierten Künstlerinnen realisieren pro Jahr bis zu drei feststehende Projekte in Form von Ausstellungen oder Messeauftritten mit zeitgenössischer Kunst.

Im Folgenden stelle ich nun gerne die Werke der einzelnen Künstlerinnen vor:

Irène Hännis Werk zeichnet sich zunächst durch Vielschichtigkeit und Überlagerungen aus. Einerseits geben die prismatisch gebrochenen Farbfelder den Bildern einen vertikalen Verlauf, andererseits wird dieser Verlauf von ornamentalen und figürliche Umrisse beschreibenden Linien durchbrochen. Die Künstlerin schichtet in ihren Werken einen flächigen Raum auf, von dem eine illusionistische Kraft ausgeht. Eine weitere Spezialität von Hännis Werk ist die Technik der Künstlerin, die Pigmentdrucke auf grobem Canvas auszuführen.

Fragmente der Fadengrafik rahmen die comicartigen, mit gezieltem Farbeinsatz akzentuierten Umgebungen in Kerstin Heinze-Grohmanns Werken, die teilweise zum Surrealen tendieren. Die feine Kleinteiligkeit der Bildelemente korrespondiert mit dem Aufbau der Fadengrafik, die sich aber durch ihre klar geometrische Struktur von der eigenwilligen Struktur der Bildwelten unterscheidet oder wie in Freundschaften durch die geometrische Struktur des Hintergrundes ins Bild aufgenommen und mit den lebendigen Figuren bewusst kontrastiert wird. Die Künstlerin fordert zum genauen Hinschauen auf und schärft mit ihrem Werk die Wahrnehmung des Betrachters.

In den hier gezeigten Gemälden in Öl auf Leinwand dienen Sybille Laubscher Szenen aus dem Freibad zur Auseinandersetzung mit Bewegung und Licht, den zwei künstlerischen Schwerpunkten, die sie sich selbst gesetzt hat. Die alltägliche, städtische oder auch vorstädtische Landschaft des Freibads und der Werktitel A (bigger) Splash zeugen von einer Annäherung an die klassische Pop Art, wobei die Malweise Laubschers, in der sie das Spiel des Lichts und die Bewegung des Wassers mit pastosem Farbauftrag einfängt, gleichzeitig eine Distanzierung von der Pop Art angibt.

In Öl auf Leinwand dargestellte Bewegung findet sich auch in den hier gezeigten Werken von Irene Pfisterer, in denen der in Augsburg besuchte Kurs Figuration trifft Abstraktion bei Mila Plaickner nachzuhallen scheint. Zwar von einem schattenhaften Erscheinungsbild geprägt, aber mit klar kenntlicher Silhouette bestückte Körper bevölkern ebenso den Bildraum wie ins musterartige abstrahierte Figuren. Herkömmliche Kategorien des Bildraumes werden mit dieser Darstellungsweise von Pfisterer hinterfragt oder gar aufgelöst.

Verena Bühler verlangt dem für ihre Skulpturen verwendeten belgischen Kalkstein und Alabaster eine scheinbar unmögliche Biegung ab und gibt ihren Skulpturen dadurch eine beeindruckende Dynamik. Die Künstlerin erweitert seit den 1980er-Jahren stetig ihre Fähigkeiten im Bereich der Bildhauerkunst und treibt den scheinbaren Widerspruch zwischen dem Material und seiner Form in ihrem Werk auf die Spitze. Die Künstlerin verleiht ihren Skulpturen mit dem Spiel zwischen Linie und Fläche zusätzlichen Ausdruck.

Die geordnete Struktur der zugrunde liegenden Materialien, wie beispielsweise Teile von Buchseiten oder Notenblättern, in Katharina Fekonjas Patternobjekten wird von ihr mit einem Schleier aus Kunstharz und Wachs überzogen. Die Seiten werden von ihrer ursprünglichen Beschriftung und den auf ihnen haftenden Gedanken befreit und von neuem überschrieben. Die Farbpalette und Oberflächenstruktur der Werke erinnert an abgeschälte Baumrinde. Den Werken wohnt eine Sensibilität inne, die an die Fragilität von Erinnerung und Vergessen rührt.

Beatrice Gugliotta vereint in ihren Gemälden poetisch-figürliche sowie abstrakte Bildelemente, wobei die ausdrucksstarke Farbgebung massgeblich zur Wirkung der Gemälde beiträgt. Die Künstlerin sieht es selbst als wichtig an, dass man sich in einer Zeit, in der wir uns immer mehr von uns selbst entfernen, wieder mehr der Kunst widmet. Die von ihr gesetzten Werktitel verstärken das Gefühl eines vermittelten Eindruckes des Selbst.

Veronika Übersax adaptiert mit viel Geschick mikrobiologische Vorgänge und Naturphänomene in ihrer Acrylmalerei auf Leinwand, die sie mit zusätzlichen Farbpigmenten versieht. Die fliessend erscheinenden Bildstrukturen ihrer Werke reflektieren Prozesse des Werdens und Vergehens. Die Künstlerin ist gelernte Farbdesignerin und lebt und arbeitet in Chur, wo sie unter anderem Aufträge für das Naturmuseum ausgeführt hat. Es zeigt sich in ihren Werken, wie nah sich Kunst und Wissenschaft in ihrer bildlichen Darstellung sein können.

Zarte Farbtöne und sich regelmässig wiederholende, abstrakte Bildelemente prägen die Arbeiten auf Papier von Helga Runde. Die Künstlerin verarbeitet Aquarellfarben, Gouache und Pastellkreide zu durchscheinenden Farbfeldern und findet in Crash – Ägyptischer Kastenwagen zu einer ausgesprochen individuellen Ausdrucksweise des Bildinhaltes. Die Künstlerin war während 15 Jahren Hirtin in Graubünden und man glaubt in ihren Werken, gewisse Qualitäten der Herde wiederzuerkennen. Daneben stellt das Werk Dreifaltigkeit aus der Serie Eingemachtes ein Beispiel zeitgenössischer Plastik in ihrem Œuvre dar.

In Kooperation mit der Ausstellung zeigt Jsabella Portmann in einem weiteren Ausstellungsraum der Galerie Werke der abstrakten Malerei und Bronzeplastiken aus ihrem künstlerischen Schaffen.

 

– Annina Pandiani